Siena Der Legende nach soll Senio, der Sohn von Remus, die Stadt Siena gegründet haben. Deshalb ist das Wahrzeichen der Stadt auch die Wölfin, die die Zwillinge Romulus und Remus säugte. In Siena regierten zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert die Bischöfe, die sogar die bisherigen Feudalherren unter ihre Gewalt zwangen. Im 12. Jahrhundert gelang es den Bürgern von Siena, den Bischof als Herrscher abzusetzen, sich unter den Schutz des Kaisers zu stellen. Siena blieb ghibellinisch, also kaisertreu, in Gegensatz zur papsttreuen Guelfenstadt Florenz. In den folgenden drei Jahrhunderten erlebte die Stadt ihre wirtschaftliche Blüte durch Handel und Bankgeschäfte in ganz Europa, gleichzeitig jedoch befand sie sich in ständigem Kriegszustand. Im Inneren kämpften Kaufleute und Adel, Ghibellinen und Guelfen um ihren Anteil an der Macht. Immer neue Varianten republikanischer Räteregierungen wechselten sich ab, während Siena gleichzeitig die Angriffe der Florentiner abwehren musste. Trotz aller Spannungen blieb Siena noch mehr als 200 Jahre, mit einer kurzen Unterbrechung, eine freie republikanische Stadt, bis der ehemalige Ratsherr Pandolfo Petrucci sich 1487 als Diktator an die Macht putschte, die er an seine Söhne weitergab. 1859 war Siena die erste Stadt der Toskana. die für den Anschluss an das Königreich Italien stimmte.
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Als wir in Siena ankamen war es schon recht spät, aber die Zeit reichte noch um die Schönheit der Stadt zu erkennen. Wir beginnen unsere Besichtigung am Duomo Santa Maria Assunta. Dazu müssen wir zunächst die Gassen hinauflaufen, denn Sienas Dom thront am höchsten Punkt der Stadt.
Der Bau mit Querschiff, Kuppel und flachem Chorabschluss wurde um 1210 begonnen und stufenweise erweitert. So verlängerte man 1316 den Chor nach Osten, was, wegen des abschüssigen Geländes, Stützkonstruktionen notwendig und die Taufkirche San Giovanni möglich machte. Die Pest von 1348, allzu hohe Baukosten und ungünstige politische Verhältnisse verhinderten den Plan eines viel größeren Doms, es blieb bei den Mauern, die noch heute rechts vom Dom zu sehen sind.
Der aus Pisa berufene Giovanni Pisano schuf 1284-99 die Fassade, erstmals in Italien eine Schauwand mit einem Skulpturen-Zyklus. Atemberaubend ist hier die Vielfalt von Säulchen. Ornamentbändern, von menschlichen und tierischen Gestalten. Der Dom sollte 5€ Eintritt kosten und außerdem sehr schlicht sein. Das sind zwei Gründe um es bei der Außenansicht zu belassen. Wir gehen wieder den Hügel hinab.
Siena wurde auf drei Hügeln erbaut, die die Form eines Y bilden. Am Schnittpunkt liegt in einer Mulde eine der schönsten mittelalterlichen Platzanlagen. Die muschelförmige Piazza del Campo mit ihrem charakteristischen Ziegelsteinpflaster ist fast genauso erhalten, wie sie im 14. und frühen 15. Jahrhundert angelegt wurde. Ein Baugesetz von 1297 sorgte dafür, dass die gerundeten Patritzierpaläste, die den Platz rahmen, mit einheitlichen Fensterformen ausgestattet wurden.
Wir wollen uns den Platz von oben ansehen, somit steuern wir zunächst den Palazzo Pubblico an. Wir wollen auf den Torre del Mangia , seine zinnenbewehrte Plattform bietet einen herrlichen Ausblick. Leider hat sie geschlossen. Im Winter um 15:00 Uhr! :-(( Geht es nicht noch früher?
Im Palazzo Pubblico ist heute das Rathaus untergebracht. Fenster und Portale des Untergeschosses aus Travertinblöcken sind von sienesischen Bögen gerahmt, die Obergeschosse in rotem Backstein, der seine Farbe je nach Sonneneinstrahlung verändert, sind mit von Säulen dreigeteilten Fenstern ausgestaltet. Die beiden Seitenflügel wurden 1680 im gleichen Stil um ein Stockwerk erhöht. Die an den Seiten offene Kapelle am Fuße des Turms wurde als Dank für die Erlösung von der Pest des Jahres 1348 errichtet. Das Rathaus beherbergt auch das Stadtmuseum von Siena.
Als wir auf der Piazza del Campo stehen, können wir uns nicht vorstellen, dass zwei Mal im Jahr am 2. Juli und am 16. August, zehn reinrassige Rennpferde gleichzeitig dreimal diesen Platz umpreschen können, ohne sich alle Knochen zu brechen, was ja oft genug vorkommt. Um das Rennen überhaupt zu ermöglichen, reicht es, wenn die Pferde ohne Reiter ins Ziel laufen, da diese immer wieder einmal auf der Strecke bleiben.
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Der Palio ist kein Touristenspektakel, kein farbenfrohes Volksfest und auch kein normales Pferderennen. Er ist brutal, gnadenlos und parteiisch. Auch deshalb kämpfen Tierschützer aussichtslos gegen den Palio, der Siena in zehn unversöhnliche Lager teilt. Allein bei den Proberennen an den Vortagen kam in den vergangenen Jahren ein gutes Dutzend Pferde um. Die jahrhundertelang in Fraktionen zerrissene Stadt erfand Stierkämpfe und Ballspiele, Fechter- und Ringerturniere, um die Feindschaft unter den Stadtteilen, den Contraden, in Wettkämpfen zu kanalisieren. Von diesen Bemühungen blieb einzig der Palio übrig, weil er so spektakulär ist.
Früher nahmen alle 17 Contraden am Palio teil. Weil es dabei allzu viele Opfer unter Pferden und Reitern gab, dürfen heute nur noch zehn Pferde gleichzeitig laufen, die den Contraden vor dem Rennen zugelost werden. Vor dem Start ziehen Fahnenschwenker über den Platz und tragen den Palio herein, eine bemalte Fahne für den Sieger. Am Fonte Gaia Brunnen dirigieren die Reiter ihre Pferde in eine mit Seilen abgesperrte Startzone.
Wenn schließlich das Seil fällt, sind alle Mittel erlaubt. Die „Fantini“, die ohne Sattel und Steigbügel reiten, dürfen ihre Widersacher auch mit der Peitsche ins Gesicht schlagen. Nach wenigen Minuten ist das Rennen vorbei.
Dann geraten die Sieger in Ekstase. In den Kirchen danken sie der Madonna für ihre Gnade, hängen Pferdehaare, Fähnchen und Zaumzeug in die Kapellen ihrer Contrade. Und bei den Verlierern fließen bittere Tränen der Enttäuschung, begleitet von dem Schwur nach Rache. Langsam wurde es dunkel. Nach ein paar Dämmerungsbilder ging es zurück zu unserem Appartement.
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